Stolpersteine
Wie initiiere ich einen Stolperstein?
Stolpersteingruppe BdA Treptow e.V.
Kontakt
Bund der Antifaschisten Treptow e. V. (BdA Treptow)
Adlershof, Altglienicke, Alt-Treptow, Baumschulenweg,
Bohnsdorf, Grünau, Johannisthal, Niederschöneweide,
Plänterwald, Oberspree
Tel.: 030 5 32 86 44
E-Mail: bda-treptow@web.de
Website: http://www.bda-treptow.vvn-bda.de
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes — Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten Köpenick e. V. (VVN-BdA Köpenick)
Friedrichshagen, Köpenick, Müggelheim, Rahnsdorf,
Oberschöneweide, Schmöckwitz, Spindlersfeld
Tel.: 030 98 40 02 53 und 0177 39 93 744
E-Mail: kontakt@bda-koepenick.de
Website: www.bda-koepenick.de
Was sind Stolpersteine?
Stolpersteine, 1992 initiiert vom Künstler Gunter Demnig, erinnern an Opfer des NS-Regimes zwischen 1933 und 1945. Die 10cm x 10cm großen Betonquader mit einer Oberfläche aus Messing enthalten die Lebens- und Todes- daten von Männern und Frauen, die die Nazis entrechtet, vertrieben, deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben hatten.
Erinnert wird damit an Jüd:innen, Sint:ezza und Rom:nja, Menschen aus dem politischen oder religiös motivierten Widerstand, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Opfer der »Euthanasie« und als »asozial« Stigmatisierte.
Inzwischen wurden Stolpersteine zigtausendfach nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen weiteren europäischen Ländern in den Gehweg verlegt.
In Treptow-Köpenick sind es bisher 125 (März 2023).
Verantwortlich für die Koordinierung der Stolperstein-Verlegungen in unserem Bezirk sind der BdA Treptow e. V. und die VVN-BdA Köpenick e. V.
Weitere Informationen zu Stolpersteinen in Berlin: www.stolpersteine-berlin.de
Wie initiiere ich einen Stolperstein?
Wenn Sie einen Stolperstein in Treptow-Köpenick initiieren möchten, dann nehmen Sie bitte mit der zuständigen Anlauf- stelle im Bezirk Kontakt auf. (siehe Aufteilung nach Orts- teilen auf der Rückseite)
Erster Schritt ist die Recherche. Für den Stolperstein werden folgende Informationen benötigt:
— Vor- und Nachname, ggf. Geburtsname Geburtsdatum, Todesdatum |
— Geburtsdatum, Todesdatum |
— wenn möglich, Daten und Orte der Inhaftierung / Deportation / Flucht |
— Adressen – Stolpersteine werden meist vor dem letzten freigewählten Wohnort verlegt. |
Gemeinsam mit Ihnen erarbeiten wir als bezirkliche Anlaufstellen Vorschläge für Inschriften, unterstützen die Öffentlichkeitsarbeit und klären Fragen zur Finanzierung. Wir begleiten die Verlegungen der Stolpersteine sowie ihre Pflege.
Wir unterstützen auch die Suche nach Nachfahren und Angehörigen, die — wenn möglich und erwünscht — in den Prozess einbezogen werden.
Wie kann ich ein Stolperstein- Projekt weiter unterstützen?
— Übernahme einer Patenschaft zur Finanzierung des Stolpersteins |
— Begleitung des Berlin-Besuchs von Angehörigen aus dem In- oder Ausland |
— kleine Gedenkveranstaltung bei oder Teilnahme an der Verlegung |
— Putzpatenschaften für einzelne verlegte Steine oder im gesamten Kiez / Ortsteil |
Bei (mutwilliger) Beschädigung oder Entfernung eines Stolpersteins informieren Sie bitte auch die Berliner Koordi- nierungsstelle sowie das Register zur Erfassung rechtsex- tremer und diskriminierender Vorfälle in Treptow-Köpenick. E-Mail: tk@berliner-register.de
Spenden für die Stolpersteine
BdA Treptow e. V.
Zweck: Stolpersteine
IBAN: DE23 10010010
0581 0701 02
BIC: PBNKDEFFXXX
VVN-BdA Köpenick e. V.
Zweck: Stolpersteine
IBAN: DE47 10090000
3801 3350 03
BIC: BEVODEBB
Zurzeit kostet die Verlegung eines Steins 120 €. Bisher wurde dieses Geld durch private Spenden, Sammlungen und Patenschaften aufgebracht. Für den Bezirk Treptow-Köpenick sind inhaltliche und technische Erfordernisse in einer Rahmenvereinbarung zwischen dem Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin und den BdA Treptow und Köpenick festgelegt. Für Berlin besteht eine Koordinierungsstelle Stolpersteine mit Sitz in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, die die Wünsche aus den Bezirken auf Verlegung sammelt und mit dem Künstler Demnig organisiert.
Wo sind bisher Stolpersteine in Treptow-Köpenick gelegt?
Liste der Stolpersteine in Berlin – Wikipedia
»Stolpern« heißt auch darauf stoßen
Am 9. Juni 2005 wurden in Adlershof die ersten zwei Stolpersteine eingeweiht. Sie liegen Dörpfeldstraße 23 Ecke Friedenstraße. Adlershofer Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse Geschichte der Anna-Seghers-Schule waren beteiligt. Letztere hatten ein kleines Programm vorbereitet, dass dem Anlass angemessen war. Die Namen der dreißig jüdischen Opfer des Nationalsozialismus wurden verlesen, etwas zur Geschichte des Ortes aus dieser Zeit, vom Ortschronisten Rudi Hinte zusammen getragen, wurde verlesen. Frau Mendel, Bezirksstadträtin und Tochter eines Antifaschisten, der Jahre seines Lebens in Konzentrationslagern gelitten hatte, sprach sehr persönliche Worte. Blumen wurden nieder gelegt. Der Gemüsehändler von der anderen Straßenseite erklärte seinen Kunden, um was es denn bei der Veranstaltung geht. Leute blieben stehen, sahen sich die beiden Steine an. Vielen von ihnen wird bekannt sein, dass es bei den Stolpersteinen darum geht, sich an die Vertreibung und Vernichtung von Juden, Sinti und Roma, politisch anders Denkender, Homosexueller, Bibelforscher und Behinderter Menschen durch die Nationalsozialisten zu erinnern. Initiiert wurde diese Form des Erinnerns durch den Künstler Gunter Demnig. Ich bin ihm für diese Idee persönlich sehr dankbar. Durch die Verlegung der Steine in der Skalitzer Straße haben meine Großeltern ein Grab und ich einen Platz, zu dem ich gehen kann. Wenn auch nichts von ihren Körpern dort ist, so sind sie doch nicht vergessen. Menschen lesen auf der 10 mal 10 cm großen Messingplatte, dass sie dort gelebt haben und in Auschwitz getötet wurden. Vielleicht fragt der eine oder andere Anwohner nach dem Wie und Warum. Und vielleicht denken sie darüber nach, dass alle Menschen das Recht haben zu leben, egal welche Lebensweise sie haben oder wie sie religiös gebunden sind. Die ersten beiden Stolpersteine in Adlershof wurden zwei Menschen gewidmet, die hier von 1896 bis 1933 gelebt und gearbeitet haben. Wilhelm Baerwald und seine Frau Margarethe, geborene Grünberg. Sie müssen 1896, er damals neunundzwanzig, sie vierundzwanzig Jahre alt, nach Adlershof gezogen sein. Wilhelm Baerwald war seit 1896 Mitglied der Synagogen – Gemeinde Köpenick, die 1892 auf Drängen des Regierungspräsidenten von Potsdam und auf Veranlassung des damaligen Köpenicker Bürgermeisters Borgmann gegründet wurde. Viel eher wäre das auch nicht möglich gewesen. Es gab einfach zu wenige jüdische Männer in unserem Verwaltungsbezirk. Durch die Liste der wahlberechtigten Gemeindemitglieder wissen wir von Wilhelm Baerwald. Damals lebten er und seine Frau in der Bismarckstraße 6 (heute Dörpfeldstr.23), in dem Eckgeschäft, in dem heute die Optiker Hidde & Miethke arbeiten. Bis 1933 haben Baerwalds ihr Geschäft für Kurz und Weißwaren, Herrenartikel betrieben. Ob sie sich vor oder nach dem 1. April 1933, dem Tag des großen Boykotts aller jüdischen Geschäfte in Deutschland, zur Aufgabe des Geschäftes entschlossen haben, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Damals war er 66 und sie 62 Jahre alt. Als sie am 14.September 1942, ein dreiviertel Jahr nach der Wannsee-Konferenz , mit dem 2.großen Alterstransport nach Theresienstadt deportiert wurden, waren sie 75 und 71 Jahre alt. Im Gedenkbuch der Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft in Deutschland von 1933-1945 steht, dass Wilhelm Baerwald im Mai 1943 starb. Von seiner Frau, Margarethe, ist nicht einmal der Monat oder das Jahr ihres Todes bekannt.
Monika Becker, Mitglied des BDA Treptow e.V., 2006
Stolpersteingruppe BdA Treptow e.V.
In Treptow hat sich 2021 eine Gruppe aus drei Frauen um die 30 gefunden, die sich dem Stolpersteinprojekt verbunden fühlt. Gemeinsam mit Yves Müller aus dem VVN-BdA Köpenick haben sie sich vorgenommen, die Arbeit am Projekt im Bezirk wieder zu intensivieren. Seit 2022 gibt es einen gemeinsamen Flyer.

Unsere Gruppe besteht aus den Neumitgliedern Mara, Sabi und Julia sowie Monika, die schon seit Langem Mitglied im BdA Treptow ist. Während Mara und Julia Anfang 2021 in den Verein eingetreten sind, ist Sabi Ende desselben Jahres dazugestoßen. Das erste Mal kamen wir auf einer Aktion im September 2021 zusammen. Gemeinsam mit dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Schöneweide haben wir einen Spaziergang im Kungerkiez von der Kiefholz-, zur Lohmühlenstraße und zu den Treptowers geplant. Rund um die frühere Graetzstraße, die in der DDR den Namen des von den Nazis ermordeten Karl Kunger erhalten hatte, wollten wir die Geschichte der dort ansässigen Betriebe erzählen. Ellen Händler, Monika Seiffert und Sebastian Gerhardt erinnerten an die Rüstungsgüterproduktion im Zweiten Weltkrieg unter Einsatz tausender Zwangsarbeiter*innen in den Unternehmen Graetz, AEG und AGFA. Auch, welche der Betriebe in der DDR weiterhin genutzt wurden und wo bis heute produziert wird, interessierte uns. Katalin Gennburg, Expertin für Stadtentwicklung und direkt gewählte Abgeordnete der Linkspartei für Alt-Treptow konnte uns darauf Antworten gegeben.
Ein weiterer antifaschistischer Spaziergang folgte am Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2022 in der Straße am Treptower Park, der Moosdorf-, Puder- und Rethelstraße. Wir gedachten der NS-Opfer, für die in diesen Straßen bereits Stolpersteine verlegt wurden und hatten dazu im Vorfeld weitere ehemalige jüdische Bewohner*innen in diesen Häusern recherchiert, die von den Nazis verfolgt, vertrieben und ermordet wurden. Unser Spaziergang war mit dem Aufruf an die heutigen Hausbewohner*innen verbunden, sich an uns zu wenden, wenn sie sich vorstellen können, eine weitergehende Recherche über ihre ehemaligen Hausbewohner*innen zu übernehmen. Wir erhielten viele positive Reaktionen und hoffen nun, dass sich auch weitere Stolperstein-Verlegungen daraus ergeben werden.
Als wir dem BdA Treptow beigetreten sind, war die Recherche zu Stolpersteinen in Treptow vor allem Andreas Freiberg zu verdanken. Im Alleingang recherchierte er Biografien und kümmerte sich um die Verlegungen in Baumschulenweg. Von seinen Erfahrungen konnten wir lernen und sind noch immer froh, dass er uns beratend zur Seite steht, auch, wenn er nun nicht mehr in Berlin wohnt.

Eine Stolperstein-Initiative in Schöneweide hatte seit längerer Zeit die Verlegung für Marie Rosa Jokl vorbereitet, die wir am 24. Mai diesen Jahres umsetzen durften. Für uns war es das erste Mal, dass wir aktiv an einer Verlegung beteiligt waren. Gemeinsam mit Lew Shulov planten wir eine kleine Zeremonie in der Brückenstraße 1 in Niederschöneweide. Jokls Urenkelin, die diesen Stein beantragt hatte, erzählte über ihre Familie und wir hörten eine kurze Einführung darüber, was es zu jener Zeit bedeutete, nach Theresienstadt deportiert zu werden, von Elisabeth Mock-Bieber.
Wir sind alle in Lohnarbeit und zu Teilen auch in ein Studium oder familiäre Aufgaben eingebunden, weshalb es sich schwieriger gestaltet, als anfangs angenommen, selbst die Zeit für biografische Recherchen zu finden. Die Stolpersteingruppe sieht sich daher aktuell vor allem in der Vermittlungsposition zwischen Personen, die an einer Recherche interessiert sind und der organisatorischen Ebene. Die Vernetzung im Bezirk ist dabei die wichtigste Grundlage – immerhin gibt es viele Akteure, die hier an der Sichtbarmachung von Geschichte arbeiten, also etwa das Zentrum für Demokratie, Lew Shulov von Treptow Köpenick für Vielfalt gegen Antisemitismus (TKVA) oder auch die Bürgerinitiative PRO Plänterwald, nunmehr vernetzt in einer bezirklichen Koordierung. Auf unserem kurzen Weg wurden uns schon viele helfende Hände gereicht, wofür wir uns auch an dieser Stelle bedanken wollen.
Wer sich mit uns in Verbindung setzen möchte, Fragen hat oder uns unterstützen möchte, kann sich unter der neu eingerichteten Mailadresse stolpersteine-tk@vvn-bda.de melden.
Text von Julia Sommer, August 2022

