Stolpersteingruppe BdA Treptow e.V.

5. Juni 2023

In Treptow hat sich 2021 eine Gruppe aus drei Frauen um die 30 gefunden, die sich dem Stolpersteinprojekt verbunden fühlt. Gemeinsam mit Yves Müller aus dem VVN-BdA Köpenick haben sie sich vorgenommen, die Arbeit am Projekt im Bezirk wieder zu intensivieren. Seit 2022 gibt es einen gemeinsamen Flyer.

Sabi auf dem Fest für Demokratie und Toleranz in Schöneweide (Mai 2022), Foto: Monika

Unsere Gruppe besteht aus den Neumitgliedern Mara, Sabi und Julia sowie Monika, die schon seit Langem Mitglied im BdA Treptow ist. Während Mara und Julia Anfang 2021 in den Verein eingetreten sind, ist Sabi Ende desselben Jahres dazugestoßen. Das erste Mal kamen wir auf einer Aktion im September 2021 zusammen. Gemeinsam mit dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Schöneweide haben wir einen Spaziergang im Kungerkiez von der Kiefholz-, zur Lohmühlenstraße und zu den Treptowers geplant. Rund um die frühere Graetzstraße, die in der DDR den Namen des von den Nazis ermordeten Karl Kunger erhalten hatte, wollten wir die Geschichte der dort ansässigen Betriebe erzählen. Ellen Händler, Monika Seiffert und Sebastian Gerhardt erinnerten an die Rüstungsgüterproduktion im Zweiten Weltkrieg unter Einsatz tausender Zwangsarbeiter*innen in den Unternehmen Graetz, AEG und AGFA. Auch, welche der Betriebe in der DDR weiterhin genutzt wurden und wo bis heute produziert wird, interessierte uns. Katalin Gennburg, Expertin für Stadtentwicklung und direkt gewählte Abgeordnete der Linkspartei für Alt-Treptow konnte uns darauf Antworten gegeben.

Ein weiterer antifaschistischer Spaziergang folgte am Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2022 in der Straße am Treptower Park, der Moosdorf-, Puder- und Rethelstraße. Wir gedachten der NS-Opfer, für die in diesen Straßen bereits Stolpersteine verlegt wurden und hatten dazu im Vorfeld weitere ehemalige jüdische Bewohner*innen in diesen Häusern recherchiert, die von den Nazis verfolgt, vertrieben und ermordet wurden. Unser Spaziergang war mit dem Aufruf an die heutigen Hausbewohner*innen verbunden, sich an uns zu wenden, wenn sie sich vorstellen können, eine weitergehende Recherche über ihre ehemaligen Hausbewohner*innen zu übernehmen. Wir erhielten viele positive Reaktionen und hoffen nun, dass sich auch weitere Stolperstein-Verlegungen daraus ergeben werden.

Als wir dem BdA Treptow beigetreten sind, war die Recherche zu Stolpersteinen in Treptow vor allem Andreas Freiberg zu verdanken. Im Alleingang recherchierte er Biografien und kümmerte sich um die Verlegungen in Baumschulenweg. Von seinen Erfahrungen konnten wir lernen und sind noch immer froh, dass er uns beratend zur Seite steht, auch, wenn er nun nicht mehr in Berlin wohnt.

Verlegung für Marie Rosa Jokl, Foto: Lew Shulov.

Eine Stolperstein-Initiative in Schöneweide hatte seit längerer Zeit die Verlegung für Marie Rosa Jokl vorbereitet, die wir am 24. Mai diesen Jahres umsetzen durften. Für uns war es das erste Mal, dass wir aktiv an einer Verlegung beteiligt waren. Gemeinsam mit Lew Shulov planten wir eine kleine Zeremonie in der Brückenstraße 1 in Niederschöneweide. Jokls Urenkelin, die diesen Stein beantragt hatte, erzählte über ihre Familie und wir hörten eine kurze Einführung darüber, was es zu jener Zeit bedeutete, nach Theresienstadt deportiert zu werden, von Elisabeth Mock-Bieber.

Wir sind alle in Lohnarbeit und zu Teilen auch in ein Studium oder familiäre Aufgaben eingebunden, weshalb es sich schwieriger gestaltet, als anfangs angenommen, selbst die Zeit für biografische Recherchen zu finden. Die Stolpersteingruppe sieht sich daher aktuell vor allem in der Vermittlungsposition zwischen Personen, die an einer Recherche interessiert sind und der organisatorischen Ebene. Die Vernetzung im Bezirk ist dabei die wichtigste Grundlage – immerhin gibt es viele Akteure, die hier an der Sichtbarmachung von Geschichte arbeiten, also etwa das Zentrum für Demokratie, Lew Shulov von Treptow Köpenick für Vielfalt gegen Antisemitismus (TKVA) oder auch die Bürgerinitiative PRO Plänterwald, nunmehr vernetzt in einer bezirklichen Koordierung. Auf unserem kurzen Weg wurden uns schon viele helfende Hände gereicht, wofür wir uns auch an dieser Stelle bedanken wollen.

Wer sich mit uns in Verbindung setzen möchte, Fragen hat oder uns unterstützen möchte, kann sich unter der neu eingerichteten Mailadresse stolpersteine-tk@vvn-bda.de melden.

Text von Julia Sommer, August 2022